Zahnärztliche Labordiagnostik – Molekulare, mikrobiologische und funktionelle Verfahren zur Früherkennung oraler Erkrankungen
Die zahnärztliche Labordiagnostik (Untersuchung von Speichel, Bakterien, Gewebe und Erbinformationen im Labor) ist ein integraler Bestandteil moderner Zahnmedizin. Sie unterstützt die frühzeitige Identifikation oraler Erkrankungen (Krankheiten im Mundraum), ermöglicht eine differenzierte Risikobewertung und erlaubt die personalisierte Planung präventiver (vorbeugender) sowie therapeutischer Maßnahmen. Neben klassischen zytologischen Verfahren (Zelluntersuchungen) zur Krebsfrüherkennung stehen zunehmend molekulare (erbsubstanzbezogene), mikrobiologische (keimbezogene) und genetische Verfahren im Vordergrund.
Die wichtigsten diagnostischen Verfahren lassen sich in folgende Hauptkategorien einteilen:
Onkologische Diagnostik und Biopsieverfahren
- Biopsien bei Verdacht auf orale Krebserkrankungen – histopathologische Untersuchung (feingewebliche Analyse) von Schleimhautproben zur Tumor- oder Präkanzerosenerkennung (Frühstadien bösartiger Erkrankungen)
- Bürstenbiopsie bei oralen Risikoläsionen – Abrasionzytologie (Zellabstrichverfahren) zur nicht-invasiven Abklärung von Leukoplakien (weiße Schleimhautveränderungen), Erythroplakien (rote Schleimhautveränderungen) und Ulzerationen (offene Schleimhautstellen)
Speichelbasierte Funktionstests
- Speicheldiagnostik – umfassende Analyse von Speichelmenge, pH-Wert, Pufferkapazität und mikrobieller Zusammensetzung (Zusammensetzung der im Speichel enthaltenen Bakterien)
- Bestimmung der Speichelfließrate – funktioneller Test zur Einschätzung von Mundtrockenheit (verminderter Speichelfluss) und Speichelproduktion
- Puffer-Kapazitätsbestimmung – Beurteilung der Neutralisationsfähigkeit (Säureausgleich) gegenüber Säuren
- Speicheltest auf Streptococcus mutans – Keimnachweis als Indikator für Kariesrisiko (Zahnfäule-Risiko)
- Speicheltest auf Laktobazillen – quantitative Bewertung säurebildender Bakterien (bakterielle Verursacher von Karies)
- Speicheltest auf Candida albicans – mykologische Diagnostik (Pilzuntersuchung) bei Verdacht auf orale Candidose (Pilzinfektion im Mund)
Mikrobiologische und molekulare Diagnostik
- Analyse von Zahnstein und Ablagerungen – mikrobiologische, chemische und mikroskopische Untersuchung (Analyse unter dem Mikroskop) zur Einschätzung des Parodontitisrisikos (Risiko für Entzündung des Zahnhalteapparats) und der oralen Bakterienzusammensetzung
- Mikrobiologische Tests in der Zahnmedizin – Nachweis kariogener Keime (Karies verursachender Bakterien) wie Streptococcus mutans, Laktobazillen oder Candida
- Mikrobiologische Tests in der Parodontologie – Identifikation parodontalpathogener Keime (Zahnbett-entzündender Bakterien) wie Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythia oder Treponema denticola
- DNS-Sondentest – molekularbiologischer Keimnachweis (Nachweis der Erbinformation von Keimen) aus subgingivalem Biofilm (Bakterienbelag unterhalb des Zahnfleischrands)
- Demonstration bakterieller Plaque – Anfärbeverfahren zur Visualisierung und Quantifizierung (sichtbar machen und messen) bakterieller Zahnbeläge
- Kariesdetektor – Farbindikator zur Darstellung entkalkter Zahnhartsubstanz (frühzeitige Kariesanzeichen)
- Bestimmung des Laktatbildungspotentials – funktioneller Nachweis der Stoffwechselaktivität kariogener Keime (Maß für die Säureproduktion der Kariesbakterien)
Genetische Risikodiagnostik
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Interleukin-1-Gentest (genetischer Risikotest für Entzündungsanfälligkeit) – genetischer Marker (vererbbare Veränderung) zur Risikoabschätzung für parodontal und onkologisch relevante Entzündungsneigungen (erhöhte Neigung zu Zahnfleisch- und Tumorentzündungen)
Bedeutung in Prävention und Individualtherapie
Die zahnärztliche Labordiagnostik ermöglicht eine präzisere Diagnostik von Karies (Zahnfäule), Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats), Mykosen (Pilzinfektionen), Dysbiosen (Ungleichgewicht der Mundflora) und potenziell maligner Läsionen (Vorstufen von Krebs). Ihre Ergebnisse fließen unmittelbar in die individualisierte Therapieplanung ein – etwa bei der Auswahl antimikrobieller (keimhemmender) oder entzündungsmodulierender Maßnahmen. Zudem leisten sie einen zentralen Beitrag zur Früherkennung und Verlaufsbeurteilung oraler und systemischer Erkrankungen (Mund- und Allgemeinkrankheiten).