Zirkonoxid-Zahnersatz

Bei aus Zirkonoxid (Synonym: Zirkoniumdioxid, Zirconia, ZrO2) hergestelltem Zahnersatz handelt es sich um keramische Werkstücke mit herausragenden Materialeigenschaften hinsichtlich ihrer Bioverträglichkeit, Stabilität und Ästhetik. Dabei reicht die Einsatzbreite des Materials von konservierenden Restaurationen (Zahn erhaltenden Versorgungen) über Kronen und Brücken bis in die Implantatprothetik hinein.

Die Vorzüge von Zirkonoxid als Zahnersatzmaterial liegen in seiner hervorragenden Biokompatibilität (Bioverträglichkeit) und der Ästhetik, die durch die zahnfarbene Keramik erreicht werden kann. Dabei wirkt sich lediglich die Opazität (mangelnde Lichtdurchlässigkeit) des herkömmlichen Zirkonoxidmaterials beeinträchtigend aus, sodass dieses als Monobloc (monolithisch, ohne nachträgliche Keramikverblendung) in der Regel nur für den Seitenzahnbereich Verwendung findet. Durch die Entwicklung von Zirkonoxid, das in seiner Transluzenz (partiellen Lichtdurchlässigkeit) dem natürlichen Zahnschmelz in seinen optischen Eigenschaften ähnlicher ist, wurde der Anwendungsbereich erweitert.

Patienten mit Bruxismus ("Zähneknirschen") jedoch kann die Härte des Materials, die höher ist als die natürliche Zahnsubstanz, zum Nachteil gereichen, da ausgeprägtes Knirschen und/oder Pressen den Zahnschmelz der antagonistischen Zähne (der Zähne des Gegenkiefers) schädigen kann. Ferner ist die Gefahr des Chipping, des Abscherens von Verblendmaterial vom Grundgerüst einer Krone oder Brücke, deutlich vergrößert. Für Patienten mit Bruxismus frei gegebene Zirkonoxidmaterialien in monolithischer Verarbeitung (in einem Stück ohne Verblendmaterial hergestellt) sollen dieser Problematik Rechnung tragen.

Materialeigenschaften

Zirkoniumdioxid (chemische Charakterisierung: ZrO2 + HfO2 + Y2O3 > 99 %) gehört zu den sogenannten Oxidkeramiken und zeigt Eigenschaften, die Metallen vergleichbar oder ihnen zum Teil sogar überlegen sind. Als Keramik ist es korrosionsfrei und zeichnet sich durch eine hohe Biegefestigkeit und Bruchzähigkeit aus. In der Orthopädie wird es seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Weiterhin kommt die schlechte Wärmeleitfähigkeit von Keramik der Pulpa (dem Zahnmark) zugute, die dadurch weniger thermischen Reizen ausgesetzt ist.

Bei hoher Härte und Biegefestigkeit weist Zirkonoxid ein hohes Elastizitätsmodul (Synonyme: E-Modul, Elastizitätskoeffizient, Dehnungsmodul, Zugmodul, Youngscher Modul) auf – ein Maß für den Widerstand, den ein fester Körper seiner elastischen Verformung entgegensetzt.

Zugeständnisse an die Ästhetik und das Abrasions- bzw. Attritionsverhalten (Abnutzung durch den Kauvorgang bzw. durch Knirschen) wirken sich zwangsläufig auf die Materialeigenschaften aus. So ergibt sich für transluzenteres Zirkonoxid beispielsweise eine geringere Bruchzähigkeit, wodurch die Indikationsbreite im Vergleich zum herkömmlichen Zirkonoxid etwas eingeschränkt wird.

Materialeigenschaften  Zirkonoxid (Cara® Zr) Transluzentes Zirkonoxid (Cara® Zr trans)
Elastizitäts-Modul [GPa]  200 - 220 210
Bruchzähigkeit [MPa/m2]  10,0  5
Biegefestigkeit [MPa]  1.180  1.200
Härte  1.200 - 1.300 HV10  1.300 HV10

Zur Befestigung von Zirkonoxid-Zahnersatz auf den präparierten (beschliffenen) Zähnen bieten sich zum einen Kunststoffe auf Methacrylatbasis an. Sollte beim Patienten eine Überempfindlichkeit gegen dieses Material vorliegen, liegt ein weiterer Vorteil von Zirkonoxid darin, dass es – anders als ein großer Teil anderer Keramikmaterialien – auch mit konventionellen Zementen auf Zinkphosphat- oder Glasionomerbasis befestigt werden kann.

Das keramische Material wird aus drei Grundfarben (Cara® Zr trans z. B. light, medium, intensive) ausgewählt. Im Falle einer monolithisch gefertigten Krone oder Brücke kann eine genauere Farbanpassung mit Malfarben erfolgen. Wird lediglich das Kronen- oder Brückengerüst aus Zirkonoxid hergestellt, das im Anschluss durch eine aufgebrannte Keramikverblendung individualisiert wird, lassen sich anspruchvollste ästhetische Ergebnisse beispielsweise für den Frontzahnbereich erzielen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Inlays (Einlagefüllung)
  • Onlays (Form des Zahnersatzes, bei welchem die Kaufläche nicht komplett bedeckt ist)
  • Veneers (Verblendschalen)
  • Monolithische Einzelkronen
  • Gerüste für verblendete Einzelkronen
  • Gerüste für verblendete Brücken – bis zu 7-gliedrig aus transluzentem Zirkonoxid, bis zu 16-gliedrig aus herkömmlichem Zirkonoxid
  • Monolithische Brücken ebensolcher Spannweite
  • Freiendbrücken – aus herkömmlichem Zirkonoxid, mit einer Anhängerlänge von maximal einer Prämolarenbreite (Breite eines vorderen Backenzahns)
  • Primärteleskope (Innenteleskope) für teleskopverankerte Prothesen
  • Abutments – ein- oder zweiteilige Aufbauten für Implantate
  • Brackets – in der Kieferorthopädie gebräuchliche Befestigungselemente für festsitzende Apparaturen
  • Allergie/Unverträglichkeit gegen Metalllegierungen
  • Allergie/Unverträglichkeit gegen Befestigungskunststoffe

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Bruxismus (Knirschen und Pressen) – Hier sollte der Einsatz von Zirkonoxid sorgfältig bedacht werden und ggf. die Indikation auch für Zirkonoxid, das für Bruxismus in Monobloc-Verarbeitung freigegeben ist, streng gestellt werden.
  • Brücken mit mehr als zwei nebeneinander liegenden Brückengliedern (Zwischengliedern zum Ersatz fehlender Zähne) – Ausnahme: Brücke zwischen den unteren Eckzähnen zum Ersatz von vier Schneidezähnen
  • Freiendbrücken mit Anhängerdimensionen von mehr als einer Prämolarenbreite (Prämolar = vorderer Backenzahn)
  • Gelockerte Pfeilerzähne (Zähne zum Tragen einer Brücke)
  • Überempfindlichkeit gegen Zirkonoxid

Vor den Verfahren

  • Planung des Zahnersatzes unter Berücksichtigung und Aufklärung über alternative Materialien
  • Präprothetische Maßnahmen – z. B. konservierende Restaurationen (Zahn erhaltene Versorgungen), Wurzelbehandlungen, Parodontaltherapie (Behandlung von Zahnbetterkrankungen) u. a.

Die Verfahren

  • Präparation – Zunächst werden die Zähne zur Aufnahme des Zirkonoxid-Zahnersatzes in der Zahnarztpraxis präpariert (beschliffen). Bis zur Fertigstellung des Zahnersatzes werden die Zähne durch ein Provisorium (Übergangsversorgung) geschützt.
  • Abformung – Zur Herstellung im zahntechnischen Labor wird eine Abformung des Gebisses benötigt. Diese wird entweder konventionell mittels Abformmassen auf Silikon- oder Polyätherbasis gewonnen oder aber digital durch optisches Abtasten mit einer Intraoralkamera, die 3D-Aufnahmen im gesamten Mund ermöglicht.
  • Übertragung – Der konventionelle Abdruck wird im Dentallabor in ein detailgetreues Arbeitsmodell aus Spezialgips überführt, dieses wiederum durch Scannen in das Programm einer CAD-CAM-Einheit (CAD: Computer Aided Design, computergestützte Konstruktion; CAM: Computer Aided Manufacturing, computergestützte Frästechnik) transferiert. Alternativ werden die Daten des digitalen Abdrucks in das Konstruktionsprogramm übertragen.
  • CAD – Der Zahnersatz wird nun am Computer konstruiert. Hierbei muss große Sorgfalt auf das Gerüstdesign verwendet werden. Zum einen werden dabei Forderungen an die Materialstärken im Kronenwandbereich bzw. an den Verbindungsstellen zu Brückengliedern gestellt, welche in Abhängigkeit von der erwarteten Belastung und Indikation zwischen 0,3 und 1 mm differieren. Zum anderen erfolgt die Formgebung eines zu verblendenden Gerüstes derart, dass für die Verblendstärke maximal 2 mm kalkuliert werden und folglich das Zirkonoxidgerüst bereits vor der anschließenden keramischen Verblendung in Form verkleinerter Zähne konzipiert wird.
  • CAM – Die etablierte Methode zur Herstellung des Zirkonoxidwerkstückes ist die computergestützte Frästechnik. Hierfür wird die zuvor geplante Konstruktion in einem komplexen dreidimensionalen Fräsvorgang aus einem fabrikgefertigten, kreidig-weichen Rohling, dem sogenannten Grünkörper, herausgearbeitet. Dieser ist deutlich weniger stabil und um etwa 25 % voluminöser als die fertige Keramik, jedoch gestaltet sich der Fräsvorgang dadurch zeitsparender und weniger materialaufwändig. Dennoch bietet sich auch die Alternative, einen bereits hart gesinterten (fertig gebrannten) Keramikblock zu fräsen.
  • Sinterbrand – Der gefräste Rohling wird einem anschließenden Sinterbrand (Erhitzen fast bis auf Schmelztemperatur, meist unter Druck) unterzogen, wobei durch eine zuvor einkalkulierte Volumenschrumpfung und Porenreduktion die endgültigen Materialeigenschaften erreicht werden.
  • Monobloc-Individualisierung – Handelt es sich bei dem Werkstück um eine monolithische Krone oder Brücke, kann eine Farbindividualisierung durch Auftragen pastenförmiger Malfarben und anschließendem Glasurbrand erfolgen. Hierdurch ist eine deutliche Erweiterung des Farbspektrums über die Grundfarben hinaus gegeben.
  • Keramikverblendung – Ein Kronen- oder Brückengerüst wird hingegen aufwendig durch mehrfaches Auftragen keramischen Verblendmaterials in verschiedenen Farbschichten und Sintern verblendet. Hierdurch lassen sich die ästhetisch anspruchsvollsten Ergebnisse erzielen, da nachträgliche Verblendungen schmelzähnliche Transluzenz (partielle Lichtdurchlässigkeit) aufweisen.
  • Eingliederung – Der fertig gestellte Zahnersatz wird in der Zahnarztpraxis eingesetzt.

Nach den Verfahren

  • Zeitnaher Kontrolltermin
  • Regelmäßige Recalls (Wiedervorstellungen) beim Zahnarzt, um den Zahnersatz lange funktionsfähig zu erhalten

Mögliche Komplikationen

  • Fraktur (Bruch)
  • Chipping – Abscheren des keramischen Verblendmaterials vom Zirkonoxidgerüst
  • Ablösen des Zahnersatzes vom Zahn durch Ablösen des Befestigungszements

Literatur

  1. Ludwig P & Niedermeier W. (2002). Checkliste Prothetik (1. Aufl.). Thieme Verlag.
  2. Rech A (Hrsg): Vollkeramik. Band 1. Luthardt R: Das Precident-DCS-System®. Stand und Perspektiven der Bearbeitung von Zirkondioxid-Keramik. Verlag Neuer Merkur 2002: 191-197
  3. Beuer F: Zirkoniumdioxid-Restaurationen. ZWR Das Deutsche Zahnärzteblatt 2007: 116 (1+2)
  4. Stritzel R, Lahl C: CAD/CAM-Systeme in Labor und Praxis. Verlag Neuer Merkur GmbH 2007:11ff
  5. Tinschert J, Natt G (Hrsg): Oxidkeramiken und CAD/CAM-Technologien: Atlas für Klinik, Labortechnik und Werkstoffkunde. Deutscher Zahnärzte Verlag 2007: 65, 254
  6. Herstellerinformationen der Heraeus Kulzer GmbH 2014
  7. Gernet W, Biffar R, Schwenzer N, Ehrenfeld M & Beuer F. (2017). Zahnärztliche Prothetik (5. Auflage). Thieme Verlag.
  8. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
  9. Kern M, Wolfart S, Heydecke G, Witkowski S & Türp JC. (2022). Curriculum Prothetik Bände 1-3 (5. Auflage). Quintessenz Verlag.

     
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