Galvanokronen und -brücken

Bei Galvanokronen und -brücken handelt es sich um Versorgungen aus Keramik, deren Innenflächen aus einer dünnen, in Galvanotechnik hergestellten Feingoldschicht bestehen.

Die Technik verbindet die ästhetischen Vorzüge einer Keramikkrone mit dem Vorteil einer Goldgusskrone, der darin besteht, dass sie mit herkömmlichen Befestigungszementen wie z. B. Phosphat- oder Carboxylatzement eingesetzt werden kann. Auf diese Weise können die dentinadhäsiven (am Dentin mikromechanisch anhaftenden) Befestigungsmaterialien auf Kompositbasis (Kunststoffbasis) für Keramikversorgungen umgangen werden, gegen die einige wenige Patienten Unverträglichkeiten zeigen. Außerdem verfügt eine Galvanokrone über eine hervorragende Passgenauigkeit, die über der einer gegossenen Goldkrone liegen kann.

Der Vollständigkeit halber sei hier auf den Stellenwert von durch Galvanoforming hergestellten Doppelkronen zur Befestigung kombinierten Zahnersatzes hingewiesen: Hier kann die Anfertigung der sogenannten Sekundärkronen (Synonyme: Sekundärteleskope, Sekundärteile) auf die Primärkronen durch Galvanoforming erfolgen. Die Sekundärteile werden in eine herausnehmbare Prothese eingearbeitet und sorgen durch die hohe Präzision für hervorragenden Prothesenhalt.

Mit dem Aufkommen von Zirkonoxid – zahnfarbener Keramik als Kronen- und Brückenmaterial, das ebenfalls mit herkömmlichen Zementen eingegliedert werden kann – ist zu erwarten, dass keramisch verblendete Galvanokronen in Zukunft seltener zur Anwendung kommen werden.

Vorteile von Galvanokronen

  • Hohe Biokompatibilität (biologische Verträglichkeit) durch Verwendung von reinem Feingold
  • Goldersparnis im Vergleich zu einer Vollgusskrone und auch zu einer VMK-Krone (einer verblendeten Keramikkrone mit gegossenem Metallgerüst)
  • Höchste Passgenauigkeit
  • Die Wandstärke des Feingoldgerüsts beträgt nur etwa 0,2 mm, dadurch kann der Zahn schonender präpariert (beschliffen) werden
  • Einfaches Befestigungsverfahren durch Verwendung konventioneller Zemente
  • Ästhetik

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Indikationsstellung zur Versorgung eines Zahnes mit einer Krone ergibt sich aus dessen Zerstörungsgrad des zu versorgenden Zahns. Brückenplanungen, die die Versorgung eines Zahnes mit einer Krone als Brückenanker erforderlich machen, ergeben sich aus der Lückensituation in einem Kiefer ebenso wie die Indikation zu kombiniertem Zahnersatz mit teleskopierenden Doppelkronen.

Eine keramisch verblendete Galvanokrone kann hohe Ansprüche an die Ästhetik erfüllen, da von ihrem Feingoldanteil nur ein schmaler umlaufender Rand an der Präparationsgrenze im Zahnhalsbereich zu sehen ist. Die Keramik an sich verspricht höchste Ästhetik, wobei man die Einschränkung hinnehmen muss, dass anders als bei einer Vollkeramikversorgung aufgrund des Feingoldgerüsts nicht mit einem Chamäleon-Effekt – einer farbabgleichenden Wechselwirkung zwischen Zahnstumpf und Keramik – zu rechnen ist.

Folgende Anwendungsmöglichkeiten bieten sich an:

  • Zur Kronenversorgung im Front- und sichtbaren Seitenzahngebiet
  • Zur Herstellung von Sekundärteilen für abnehmbare Doppelkronenbrücken
  • Bei Unverträglichkeit von Kompositen (Kunststoffen) und somit auch dentinadhäsiven Befestigungszementen für Keramikkronen
  • Bei Unverträglichkeit gegen einen der Bestandteile einer Legierung für eine Goldguss- oder Nichtedelmetallversorgung
  • Adhäsive Befestigung von Keramikkronen ausgeschlossen, weil Präparationsränder subgingival (unterhalb des Zahnfleischrands) liegen und eine absolute Trockenlegung nicht möglich ist

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • sehr selten: Goldunverträglichkeit
  • geeignete Präparationsform (Art und Weise, in der ein Zahn zur Aufnahme der Krone beschliffen werden muss) ist nicht umsetzbar

Das Verfahren

Bis zum Eingliedern einer Galvanokrone oder einer festsitzenden Galvanobrücke werden zwei bis drei Behandlungssitzungen in der zahnärztlichen Praxis sowie ein bis zwei Labordurchläufe benötigt.

Erste Behandlungssitzung

  • Exkavation (Kariesentfernung) und ggf. Legen einer Unterfüllung z. B. aus Phosphat- oder Carboxylatzement zum Substanzausgleich unter sich gehender Zahnbereiche
  • Präparation (Beschleifen) – Hohlkehl- oder Schulterpräparation mit abgerundeter Innenkante und einem etwa 6° konvergierenden Winkel der Glattflächen; der Abtrag im Bereich der Glattflächen muss 1,2 mm betragen, im Bereich der Kaufläche oder Schneidekante etwa 2 mm. Die Glattflächen von Pfeilerzähnen für eine Brücke müssen eine gemeinsame Einschubrichtung haben und entsprechend beschliffen werden.
  • Abformung – dient dem zahntechnischen Labor zur Herstellung eines Arbeitsmodells aus Gips in originalgetreuen Dimensionen. Sie wird beispielsweise mit A-Silikon (additionsvernetzendem Silikon) in Doppelpastentechnik genommen: Eine höher visköse (zähflüssige) Paste übt Stempeldruck auf eine niedrig visköse Paste aus, die dadurch in die Zahnfleischtasche gepresst wird und den Präparationsrand detailgetreu abformt.
  • Bissnahme – um Ober- und Unterkieferzähne in Lagebeziehung zueinander zu bringen
  • ggf. Anlage eines Gesichtsbogens – wenn die individuelle Scharnierachse (verlaufend durch die Kiefergelenke) ins zahntechnische Labor übertragen werden soll
  • Provisorische Versorgung – Direkt im Patientenmund hergestellte Übergangskronen aus Kunststoff werden mit leicht wieder zu entfernendem provisorischem Zement eingesetzt, schützen so die Dentinwunde und verhindern Zahnwanderungen bis zum Zementieren der definitiven Versorgung.

Erste Phase im Labor

  • Ausgießen des Abdrucks mit Spezialgips
  • Herstellen des Meistermodells (Gipsmodell, auf dem die Versorgung hergestellt wird) – Das Modell wird gesockelt, die künftigen Arbeitsstümpfe mit Pins versehen, sodass sie nach Zersägen des Modells einzeln dem Sockel entnommen und wieder zurückgesetzt werden können.
  • Modellmontage im Artikulator (Gerät zur Nachahmung der Kieferposition und der Kiefergelenksbewegungen) auf Basis der Bissnahme und der durch die Gesichtsbogenanlage ermittelten Werte
  • Anfertigung eines Duplikatstumpfes (Arbeitsstumpf, auf dem die Galvanokappe hergestellt wird). Das an sich nicht leitende Stumpfmaterial muss für die Galvanotechnik mit einem Leitsilberlack hauchdünn beschichtet werden. So entsteht eine leitende Metallschicht.
  • Galvanisieren – Der Duplikatstumpf wird als Kathode in das Elektrolysebad der Galvanisieranlage gegeben. In dem Bad befindet sich außer Leitsalzen und Glanzbildnern das Feingold, das durch das Fließen elektrischen Stroms auf dem Duplikatstumpf abgeschieden wird. Als Ergebnis erhält man einen Kronenunterbau definierbarer Stärke aus Feingold, der die Oberflächenstruktur der Präparation äußerst passgenau wiedergibt. Er ist maximal 0,2 mm dünn, für eine eventuell erforderliche Gerüsteinprobe am Patienten aber stabil genug.
  • Aufpassung des Feingoldgerüsts auf den Stumpf des Meistermodells
  • Fertigung eines Brückenglieds – Ein aus einer hauchdünnen Feingoldschicht galvanisiertes Brückenglied könnte dem Kaudruck nicht standhalten. Brückenglieder für Galvanobrücken müssen deshalb zunächst in Wachs modelliert, dann aus einer Metalllegierung (z. B. hochgoldhaltige Bio-Aufbrennlegierung) gegossen und anschließend mit den Feingoldkäppchen verbunden werden (durch Lötung, Laser, Spezialkleber u. a.). Die gegossene Metalllegierung wird bei der fertig gestellten Brücke rundum von Keramik umschlossen sein.

Zweite Behandlungssitzung (optional)

  • Entfernen der provisorischen Versorgung und Reinigen des Zahnstumpfes
  • Gerüst-Einprobe – falls eine Kontrolle der Innenpassung der Feingoldkappen oder des Brückengerüsts auf spannungsfreien Sitz erforderlich ist. Korrekturen sind aufgrund der geringen Schichtdicke allenfalls mit einer sehr scharfen Fräse und nur in minimalem Umfang möglich. Die Kappen werden vorsichtig z. B. durch Fassen mit einer feinen Mullgaze wieder vom Zahnstumpf abgenommen.
  • Erneute provisorische Versorgung

 Zweite Phase im Labor

  • Die Feingoldkappe bzw. das Brückengerüst erhalten zunächst einen Bonderbrand, danach einen zahnfarbenen, lichtundurchlässigen Opaquer, der das Durchschimmern des Goldes durch die Keramik verhindert.
  • Aufbrennen der keramischen Verblendung in mehreren Schichten entsprechend der Farbgebung eines natürlichen Zahnes
  • Glanzbrand

Dritte Behandlungssitzung

  • Entfernen der provisorischen Versorgung und Reinigung der Kavität
  • Einprobe unter Kontrolle der Okklusion (Schlussbiss und Kaubewegungen)
  • Zementieren – Die endgültige Befestigung erfolgt mit konventionellen Zementen wie Phosphat- oder Carboxylatzement, wobei bei der Auswahl auf eine Korngröße von unter 25 µm zu achten ist. Das Kronengerüst darf nur dünn mit dem in entsprechender Konsistenz angemischten Zement ausgestrichen, aber nicht aufgefüllt werden, um Spannungen während des Aufpressens auf den Zahnstumpf zu minimieren.
  • Entfernen von Zementresten nach dem Abbinden

Nach dem Verfahren

  • Nachsorgetermin zur erneuten Okklusionskontrolle

Mögliche Komplikationen

  • Fraktur (Bruch) der Krone beim Zementieren
  • Verformung der Feingoldkappe durch inadäquate Handhabung im Laufe der Herstellung – z. B. bei der Einprobe, im Laufe des Lötprozesses u. v. m.
  • Fraktur nach Zementierung
  • Entstehung von Randkaries entlang des Kronenrands bei unzureichender Mundhygiene

Literatur

  1. Ludwig P & Niedermeier W. (2002). Checkliste Prothetik (1. Aufl.). Thieme Verlag.
  2. Gernet W, Biffar R, Schwenzer N, Ehrenfeld M & Beuer F. (2017). Zahnärztliche Prothetik (5. Auflage). Thieme Verlag.
  3. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
  4. Kern M, Wolfart S, Heydecke G, Witkowski S & Türp JC. (2022). Curriculum Prothetik Bände 1-3 (5. Auflage). Quintessenz Verlag.

     
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