Demonstration bakterieller Plaque

Als Plaque oder Biofilm werden die mikrobiellen Beläge bezeichnet, die sich bei inadäquater Zahnpflege auf den Oberflächen und in den Approximalräumen (Zwischenräumen) der Zähne bilden. Die Demonstration dieser bakteriellen Plaque ist eine für den Patienten wertvolle Hilfe, die ihm ermöglicht, seine Mundhygienedefizite zu erkennen und gezielt zu verbessern.

In der Mundhöhle eines jeden Menschen ist eine Vielzahl von Mikroorganismen anzutreffen, ohne dass es sich hierbei um einen pathologischen (krankhaften) Zustand handelt. Die Wissenschaft geht mittlerweile von mehreren Tausend verschiedenen Keimarten aus. Diese bilden gemeinsam ein ausgewogenes, in sich geschlossenes Ökosystem, in das weitere Keime nur schwer eindringen können. Die Keime, die sich darauf spezialisiert haben, auf den harten Oberflächen der Zähne anzuhaften, bilden die sogenannte Plaque.

Die Plaque-Entstehung läuft in mehreren Phasen ab:

  • Sofort nach der gründlichen Zahnreinigung bildet sich die sogenannte Pellikel (Pellicle, Schmelzoberhäutchen).
  • Innerhalb von Stunden bis zwei Tagen erfolgt die initiale Neubesiedelung durch die Mikroflora.
  • Nach drei Tagen, in denen sich die Plaque ungestört weiterentwickeln konnte, spricht man von junger Plaque. Diese ist bereits so organisiert, dass die Mikroorganismen in einer von ihnen selbst produzierten Polymermatrix eingebettet vorliegen.
  • Greift man sieben Tage lang nicht in das Geschehen ein, bildet sich die reife Plaque aus.

Besteht im Mund über längere Zeit ein Überangebot an Kohlenhydraten, vorzugsweise Zucker (Sammelbegriff für alle süß schmeckenden Saccharide (Einfach- und Doppelzucker) und Handelsbezeichnung für den Doppelzucker Saccharose), führt dies zu einem vermehrten Wachstum kariogener (Karies auslösender) Keime innerhalb der Plaque. Hier sind in erster Linie Mutans-Streptokokken und Laktobazillen zu nennen. Der Zucker wird von Streptococcus mutans schnell und effektiv zu Milchsäure verstoffwechselt, die wiederum dazu führt, dass innerhalb der Plaque bevorzugt Keime überleben, die das saure Milieu verkraften – auch hier stehen die kariogenen Mutans-Streptokokken und Laktobazillen wieder in erster Reihe.

Die Säure hingegen setzt den eigentlichen Schaden an der Zahnhartsubstanz: Diese wird demineralisiert. Das Kristallgefüge, das dem Zahn Härte verleiht, wird durch die Säure allmählich aufgelöst, sodass es im weiteren Verlauf zur Kavitation (Substanzverlust, Entstehen eines "Loches") kommt.

Die Gleichgewichtsverschiebung innerhalb des Ökosystems Plaque durch zu langes Nahrungsüberangebot führt nicht nur zu einem erhöhten Kariesrisiko für die Zahnsubstanz. Denn durch die Zunahme der Plaque über einen längeren Zeitraum und die damit erschwerte Sauerstoffzufuhr in den tiefer gelegenen Schichten gedeihen dort Keime, die innerhalb von wenigen Tagen unweigerlich zur Gingivitis (Zahnfleischentzündung) in den durch die Zahnputztechnik nicht erreichten Bereiche führen. Kommen weitere ungünstige Faktoren hinzu, kann eine entzündliche Schädigung des Zahnhalteapparates in Form einer Parodontitis nachfolgen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Ohne Plaque keine Karies! Aufgrund dieser einfachen Formel stellt sich die Indikation zur Demonstration der Plaque immer dann, wenn die gezielte Motivation eines Patienten erforderlich ist. Nur durch Aufzeigen aller bakteriellen Schlupfwinkel wird er seine Zähne regelmäßig und konsequent von Plaque befreien können.

Die Indikation wird sich in Abhängigkeit vom individuellen Befund unterschiedlich oft stellen. Anhand sogenannter Plaque- oder Mundhygiene-Indizes wird der Befall der Zähne durch Plaque schematisch und reproduzierbar erfasst. Bei Nachkontrollen ist dadurch ein objektiver Vergleich möglich. Je nach Plaquebefund wird der Zahnarzt eine Empfehlung zum Recall (zur Wiedervorstellung in der Praxis) aussprechen, um die häusliche Zahnpflege ggf. durch eine professionelle Zahnreinigung (PZR) und Fluoridapplikation (Auftragen von Fluoridlacken o. ä.) zur Senkung des Kariesrisikos zu ergänzen.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Für die Demonstration der bakteriellen Plaque gibt es keine Kontraindikationen. Die nachfolgend aufgeführten Plaque-Revelatoren (das Anfärben der Plaquebakterien geschieht mit sogenannten Plaquerevelatoren) sind als gesundheitlich unbedenklich eingestuft und zugelassen. Die Anwendung von Erythrosin stellt aufgrund des Jodgehalts bei Jodallergie dennoch eine Gegenanzeige dar.

Gentianaviolett und Fuchsin dagegen gelten als Anilinfarbstoffe als potenziell karzinogen (krebserregend) und sind somit für die Verwendung als Plaquerevelatoren nicht mehr zulässig.

Vor der Untersuchung

Vor der Untersuchung muss vorliegen bzw. erfolgen: 

  • Einverständnis des Patienten zum Einfärben der Plaque muss eingeholt werden, da die gesamten Mundschleimhäute für mehrere Stunden von der Färbung betroffen sein können. Bei Kindern und Jugendlichen ist die Zustimmung größer als bei Erwachsenen, deren Motivation alternativ mit der Messung von Zahnfleischtaschentiefen oder Blutungsindizes erfolgen kann.
  • Vorausgehende Erklärungen über den zu erwartenden Anblick sind sinnvoll, zumal auch die Mund- und Lippenschleimhaut von der Anfärbung betroffen sein kann.
  • Vorheriges Auftragen von Vaseline ist ratsam, um das Einfärben der Lippen zu verhindern.

Die Verfahren

I. Mithilfe von flüssigen Plaquerevelatoren wird der Biofilm wie folgt eingefärbt:

  • Der Revelator wird tupfend, nicht wischend, mit einem getränkten Watte- oder Schaumstoffpellet auf die Zahnoberflächen aufgetragen.
  • Anschließend entfernt der Patient überschüssiges Färbemittel durch zweimaliges Nachspülen mit Wasser.
  • Im Spiegel bekommt der Patient alle für ihn relevanten Befunde erklärt und wird gezielt auf die Bereiche aufmerksam gemacht, die er in seine künftige Putztechnik einbeziehen muss.
  • Der Befund wird in einem Plaque-Index festgehalten.

II. Die Verwendung von Kautabletten ist für die zahnärztliche Praxis weniger empfehlenswert, da zum einen das Zerkauen oft als unangenehm empfunden wird, zum anderen die Schleimhäute stärker mit eingefärbt werden als bei der unter I. beschriebenen Direktapplikation des Farbstoffs auf die Zahnoberflächen. Allerdings stellen die Kautabletten für den häuslichen Bereich eine sinnvolle Möglichkeit zur Überprüfung des Putztrainings für den Patienten selbst dar.

Als Revelatoren werden u. a. folgende Substanzen eingesetzt:

  • Erythrosin  (Tetrajod-Fluorescin-Na, E 127, rot färbend)
  • Patentblau (Brillantblau, Lebensmittelfarbstoff, E 133, blau färbend)
  • zweiphasige Revelatoren (z. B. Mira-2-Ton® erythrosinfrei): die junge Plaque der Initialisierungsphase wird rosa eingefärbt, reife Plaque erscheint blau. Durch diesen Effekt lassen sich gezielt dauerhafte Putzmängel aufdecken.
  • Natrium-Fluorescein (PlaqueTest Vivadent) schimmert gelb, jedoch nur bei Beleuchtung mit Blaulicht (z. B. Polymerisationslampe)

Nach der Untersuchung

Die Verwendung von Plaquerevelatoren, mit Ausnahme des Natrium-Fluoresceins, macht eine professionelle Zahnreinigung erforderlich, bei der nicht nur die Zähne, sondern auch die Lippen- und Zungenschleimhaut von den Farbauflagerungen befreit werden.

Literatur

  1. Roulet JF, Zimmer S: Farbatlanten der Zahnmedizin 16. Prophylaxe und Präventivmedizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2003
  2. Heidemann D. (2007). Parodontologie (4. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  3. Meyer-Lückel H, Paris S & Ekstrand KR. (2012). Karies: Wissenschaft und Klinische Praxis (ZMK Praxis) (1. Edition). Thieme Verlag.
  4. Müller HP. (2012). Checklisten der Zahnmedizin Parodontologie (3. Aufl.). Thieme Verlag.
  5. Roulet JF, Fath S & Zimmer S. (2017). Zahnmedizinische Prophylaxe (5. Aufl.). Elsevier, München / Urban & Fischer.
  6. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
  7. Hellwege KD. (2018). Die Praxis der zahnmedizinischen Prophylaxe (7. aktualisierte und erweiterte Aufl.). Thieme Verlag.
  8. Eickholz P. (2021). Parodontologie von A bis Z (2. Aufl.). Quintessence Publishing.

     
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