Elektroakupunktur in der Zahnmedizin
Die Elektroakupunktur ist ein komplementärmedizinisches Verfahren, das auf den Prinzipien der traditionellen chinesischen Akupunktur beruht und mit elektronischer Messtechnik kombiniert wird. Es wurde in den 1950er-Jahren vom deutschen Arzt Reinhold Voll (1909–1989) entwickelt. Die Methode basiert auf der Annahme, dass entlang der sogenannten Meridiane – den postulierten Energieleitbahnen des Körpers – spezifische Akupunkturpunkte existieren, deren elektrische Leitfähigkeit diagnostisch und therapeutisch nutzbar sei.
Synonyme
- Elektroakupunktur nach Voll (EAV)
- Immunsystemischer Testaufbau (IST)
- EAV
Im Unterschied zur klassischen Akupunktur erfolgt bei der Elektroakupunktur keine Nadelung, sondern die Applikation eines schwachen elektrischen Stroms über Messsonden an definierten Hautpunkten. Dabei sollen Veränderungen der Leitfähigkeit auf funktionelle Störungen innerer Organe oder Regulationssysteme hinweisen. Zudem wird angenommen, dass durch diese Messungen Rückschlüsse auf die Verträglichkeit und Wirkung von Medikamenten oder homöopathischen Präparaten möglich seien.
Validität und wissenschaftliche Bewertung
Die Elektroakupunktur gehört nicht zur evidenzbasierten Medizin. Bislang fehlen hochwertige, reproduzierbare Studien, die eine valide diagnostische oder therapeutische Aussagekraft belegen. Insbesondere die Messung des sogenannten „elektrodermalen Widerstands“ an Akupunkturpunkten konnte weder standardisiert noch mit pathophysiologischen Mechanismen eindeutig korreliert werden.
Internationale Fachgesellschaften sowie wissenschaftliche Fachverbände wie die Deutsche Gesellschaft für klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) oder die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) stufen die Methode als diagnostisch und therapeutisch nicht anerkannt ein. Eine Abrechnung über gesetzliche Krankenkassen ist in der Regel nicht möglich.
Zielsetzung und Wirkungsweise der Elektroakupunktur
Zielsetzung
Die Elektroakupunktur in der Zahnmedizin zielt darauf ab, eine Vielzahl von Beschwerden und Zuständen zu behandeln, indem sie die traditionellen Prinzipien der Akupunktur mit modernen elektrotherapeutischen Techniken kombiniert. Die Hauptziele dieser Therapieform umfassen:
- Früherkennung und Behandlung von Störungen: Pathologische Veränderungen, die in einem frühen Stadium erkannt werden, können effektiv behandelt werden, um den Heilungsprozess zu fördern.
- Austestung und Anpassung von Naturheilmitteln: Die individuell passenden Heilmittel werden durch die Messung der elektrischen Leitfähigkeit an Akupunkturpunkten ermittelt, um die effektivste Behandlung zu gewährleisten.
- Erkennung und Beseitigung von Therapiehindernissen: Durch Elektroakupunktur können Allergene, Intoleranzen und andere störende Faktoren identifiziert und behandelt werden, die den Heilungsprozess behindern könnten.
Wirkungsweise
Die Elektroakupunktur wirkt durch die Anwendung von elektrischem Strom an spezifischen Akupunkturpunkten, was zu einer verstärkten Stimulierung dieser Punkte führt. Die spezifische Wirkungsweise umfasst:
- Modulation der Schmerzwahrnehmung: Elektrische Stimulation kann die Schmerzleitbahnen beeinflussen und somit zu einer deutlichen Schmerzreduktion führen, insbesondere bei chronischen Schmerzzuständen.
- Förderung der Durchblutung: Die Stimulation kann die lokale Durchblutung verbessern, was die Heilung von Geweben und die Reduktion von Entzündungen fördert.
- Regulation von Körperfunktionen: Durch die Beeinflussung der Energieflüsse im Körper können verschiedene Körperfunktionen reguliert und somit Gesundheitsprobleme wie Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen und Muskelverspannungen gelindert werden.
- Herddiagnostik und -behandlung: Speziell in der Zahnmedizin kann Elektroakupunktur zur Identifikation und Behandlung von Zahnherden eingesetzt werden, die oft mit anderen chronischen Gesundheitsproblemen in Verbindung stehen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Früherkennung von Störungen – Pathologische (krankheitsbedingte) Veränderungen können im Frühstadium erkannt und unter Förderung der Selbstheilung behandelt werden.
- Austestung geeigneter Naturheilmittel – Die erforderlichen Heilmittel werden ermittelt.
- Erkennung und Beseitigung von Therapiehindernissen – z. B. Allergene, Intoleranzen, Zahn-Kiefer-Herde, Wohngifte, Toxine in Nahrungsmitteln und Belastungen durch Gifte am Arbeitsplatz.
- Ergänzende Therapie chronischer Krankheiten
- Herddiagnostik – Anhand verschiedener Messpunkte kann der Zahnarzt testen, ob einer Ihrer Zähne sich zu einem Störherd entwickelt hat.
Die Elektrotherapie ersetzt keinesfalls schulmedizinische Behandlungen wie chirurgische Eingriffe, Notfallmedizin, Hormonsubstitution oder immunsupressive Therapien.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Da die Behandlung mit elektrischem Strom arbeitet, ist besonders bei Patienten mit einem Herzschrittmacher, Vorsicht geboten. Schwangere und psychisch erkrankte Patienten sollten sich keiner Elektroakupunktur unterziehen.
Das Verfahren
Voll stellte fest, dass jeder Messpunkt über ein charakteristisches, elektrisches Potenzial verfügt. Anhand zahlreicher Vergleiche mit gesunden Probanden definierte er die Skala des Elektroakupunkturgerätes von 0 bis 100. Auf dieser Skala steht ein Potenzial, das zwischen 50 und 60 liegt, für eine gute Regulationsfähigkeit des dazugehörigen Systems. Abweichende Werte zeigen Störherde an.
Die Messergebnisse werden laut Voll wie folgt definiert:
- 90-100 – Akute Entzündung, Allergie, Toxikose
- 60-90 – Überfunktion von Organen, akute oder chronische Entzündung
- 40-50 – Unterfunktion von Organen, degenerative Entwicklung
- unter 40 – Schwere Organerkrankung mit Zelluntergang und Narbenbildung
Ein weiteres diagnostisches Kriterium der Elektroakupunktur ist der spontane Zeigerabfall von hohen Werten zu sehr niedrigen. Dies gilt als sicheres Zeichen für eine Krankheit, die behandelt werden sollte. Außerdem können durch die Elektroakupunktur Körperfunktionen und Muskeltonus reguliert sowie Schmerzempfindungen herabgesetzt werden.
Die Elektroakupunktur dient weiterhin der Testung von Medikamenten, insbesondere von:
- Homöopathika – Mittel, die Symptome hervorrufen, die den Krankheitssymptomen ähnlich sind, werden zur Behandlung eingesetzt (Ähnliches mit Ähnlichem behandeln).
- Allopathika – Arzneimittel, die Krankheitssymptomen entgegenwirken (Bezeichnung als Abgrenzung zur Homöopathie).
- Nosoden – sogenannte isopathische Heilmittel, die aus demselben Stoff bestehen, der die Krankheit verursacht.
- Regulatorischen Stoffen – z. B. Mikronährstoffe (Vitalstoffe) wie Vitamine, Spurenelemente etc.
Die Wirkung der Medikamente wird durch den Therapeuten getestet. Dieser beobachtet, ob sich während der Elektroakupunktur die Anzeige des Messgerätes zur Norm hin verändert. Ist dies nicht der Fall, so ist das Medikament für den Patienten unverträglich.
Herddiagnostik in der Zahnmedizin: Dazu wird der betreffende Punkt mithilfe eines Reizstroms auf seine Reaktion überprüft. Bei einer starken Reaktion des Zahnes ist davon auszugehen, dass dieser Zahn einen Störherd darstellt.
Jedem Zahn und entsprechend jedem Herdzahn ist ein bestimmtes Organ zugeordnet. Wird ein Zahn zum Herd, ist meist auch, dass ihm zugehörige Organ erkrankt oder in seiner Funktion gestört.
Dabei kann sowohl das Organ für den Zahnherd verantwortlich sein als auch umgekehrt.
Eine Sanierung der Zahnherde kann dazu führen, dass im zugeordneten Organ ebenfalls eine Besserung eintritt.
Nicht behandelte oder nicht erkannte Herde sind eine häufige Ursache für ein langes Leiden, für das auf herkömmliche Weise kein Auslöser und keine Therapie gefunden werden konnte.
Ihr Nutzen
Der Körper ist eine Einheit – alles beeinflusst sich gegenseitig.
Die Beseitigung von Zahnherden führt gleichzeitig zu einer Besserung des zugehörigen Organs und somit zu einer Steigerung Ihres Wohlbefindens, Ihrer Leistungsfähigkeit und Ihrer Lebensfreude.
Literatur
- Leung PC: Chinesische Medizin. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
- Bischoff HP, Schmiedel V: Leitfaden Naturheilkunde. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2007
- Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.