Professionelle Zahnreinigung (PZR)

Die Zähne bis ins hohe Alter hinein vor Karies (Zahnfäule) und Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats) zu schützen ist ein realisierbares Ziel, wenn prophylaktische (vorbeugende) Maßnahmen wie eine konsequente häusliche Zahnpflege und regelmäßige professionelle Zahnreinigung (PZR) beim Zahnarzt Hand in Hand gehen.

Durch die häusliche Mundhygiene werden Bereiche wie die Interdentalräume (Zahnzwischenräume) und die retromolaren Räume (hinter den letzten Backenzähnen) deutlich schwerer erfasst als die Kau-, Außen- und Innenflächen der Zähne. Sammelt sich aber Plaque (mikrobieller Zahnbelag) über mehrere Tage hinweg an, ist eine Gingivitis (Zahnfleischentzündung) die Folge, die bei längerem chronischen Verlauf wiederum in eine Parodontitis übergehen kann. Außerdem gefährden kariogene Bakterien in der Plaque die Zahngesundheit durch Karies.

Während eine Gingivitis durch verbesserte und ambitionierte Putztechnik wieder rückgängig gemacht werden kann, hilft dies jedoch nicht mehr weiter, wenn sich Zahnbeläge durch Einlagerung von Mineralstoffen erst einmal zu Zahnstein (oberhalb des Zahnfleischrandes) oder gar Konkrementen (Zahnstein unterhalb des Zahnfleischrandes) verfestigt haben. Auch feste Farbauflagerungen, die beim Genuss von Kaffee, Tee, Nikotin o. ä. entstehen, sind mit der häuslichen Mundhygienetechnik nur schwer zu beseitigen. Hier setzt die professionelle Zahnreinigung (PZR) an, welche in der Zahnarztpraxis in der Regel von fortgebildetem Fachpersonal (Zahnmedizinische Prophylaxehelferin, Zahnmedizinische Fachassistentin, Dentalhygienikerin) durchgeführt wird.

Durch die Kombination von guter Zahnpflege und PZR lassen sich Karies (Zahnfäule, bakterielle Zerstörung der Zahnhartsubstanzen), Gingivitis (Zahnfleischentzündung) und Parodontitis (Zahnbettentzündung) effektiv und lebenslang verhindern.

Die professionelle Zahnreinigung (PZR) umfasst:

  • das Entfernen von weichen und harten Belägen auf dem Zahnschmelz und evtl. freiliegenden Zahnwurzeln supragingival bzw. gingival (oberhalb des bzw. im Bereich des Zahnfleischsaums)
  • die Reinigung der Interdentalräume (Zahnzwischenräume)
  • das Entfernen des Biofilms (der Plaque, der mikrobiellen Beläge)
  • die Oberflächenpolitur der Zähne
  • geeignete lokale (örtliche) Fluoridierungsmaßnahmen zum Kariesschutz
  • Schulungen/Übungen zur Mundhygiene und/oder Verwendung von Mundhygiene-Hilfsmitteln

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die PZR wird eingesetzt:

  • Zur Entfernung von supragingivalem Zahnstein (oberhalb des Zahnfleischsaums) und Konkrementen im klinisch erreichbaren Subgingivalbereich (im oberen Bereich der Zahnfleischtasche)
  • Zur Therapie einer bakteriellen Gingivitis
  • Zur Entfernung aufgelagerter Zahnverfärbungen
  • Bei Halitosis (Mundgeruch)
  • Als Bestandteil einer parodontalen Initialbehandlung (vor weitergehenden Maßnahmen zur Behandlung einer Zahnbettentzündung)
  • Zur Erhaltungstherapie nach Behandlung einer Parodontitis (Zahnbettentzündung)
  • Im Rahmen eines Recalls (einer Vor- bzw. Nachsorgebehandlung)

Die Abstände eines Recalls (der Nachsorgetermine) sind für jeden Patienten individuell festzulegen und liegen in der Regel bei drei bis sechs Monaten. Insbesondere wenn eine unterstützende Parodontaltherapie zur Langzeiterhaltung (UPT) nach einer erfolgreichen Parodontitistherapie (Behandlung einer Zahnbettentzündung, z. B. chirurgisch oder mit der Vector®-Methode) erforderlich ist, werden engmaschige Recalls indiziert sein, um das erneute Anhaften von subgingivalen Konkrementen (Zahnstein unterhalb des Zahnfleischrandes in den Zahnfleischtaschen) von vornherein zu verhindern und im Biofilm eine Verschiebung der Keimzusammensetzung hin zu apathogenen Keimen (ohne Krankheitswert) zu begünstigen.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Im Verlauf einer PZR können, zumal bei Vorliegen einer Gingivitis oder Parodontitis, Blutungen auftreten. Da hierbei die Integrität des gingivalen Gewebes verletzt ist, sind Bakteriämien (Einschwemmen von Keimen in die Blutbahn) die Folge. Daraus ergeben sich folgende Gegenanzeigen:

  • Nekrotisierende und ulzeröse Gingivitis (NUG) und Parodontitis (NUP): hierbei werden weiche Beläge zunächst nur äußerst vorsichtig, mit Chlorhexidin oder Wasserstoffsuperoxid getränkten Pellets abgetupft. Die PZR erfolgt erst nach Abklingen der akuten Symptomatik.
  • Blutgerinnungsstörungen bzw. medikamentös bedingte Blutungsneigung unter einem Quickwert (=Thromboplastinzeit = TPZ; Blutgerinnungsparameter) von 30 bis 35 %. In Absprache mit dem behandelnden Arzt kann der Wert ggf. im Vorfeld entsprechend eingestellt werden.

Relative Kontraindikationen

  • Kardiale Risikoanamnese (des Herzens): Hier muss in bestimmten Fällen eine Antibiose zur Endokarditisprophylaxe (Vorbeugung gegen eine bakterielle Herzinnenhautentzündung) erfolgen.
  • Geschwächte Immunabwehr: Auch hier ist die Behandlung ggf. unter Abschirmung durch ein Antibiotikum möglich.
  • Herzschrittmacher älterer Bauart: hier sollte bei der PZR aufgrund möglicher Störwirkungen auf die Verwendung magnetostriktiver Ultraschallgeräte (Magnetostriktion: Deformation magnetischer Stoffe) wie z. B. des Cavitron® verzichtet werden.
  • Jugendliche Zähne mit bisher nicht abgeschlossener Schmelzreifung: nach dem Zahndurchbruch benötigt der Schmelz in Abhängigkeit vom Mundmilieu noch einen langen Zeitraum (ca. drei Jahre), um seine Endhärte v. a. durch Einlagerung von Fluorid-, Phosphat- und Calciumionen aus dem Speichel zu erreichen. In dieser Phase können Ultraschall, Pulverstrahl und Politurpasten zu Schäden an der Zahnhartsubstanz führen.
  • White Spots (minder mineralisierter Schmelz bei beginnender Karies): auch hier besitzt der Schmelz nicht die nötige Härte, um den Reinigungsmaßnahmen standzuhalten.

Vor der professionellen Zahnreinigung

  • Intraorale Inspektion (Betrachtung der Mundhöhle): Vor dem Verfahren wird ggf. ein Mundhygienestatus erstellt, der anhand sogenannter Indizes den Entzündungszustand der Gingiva (des Zahnfleisches) und den Plaquebefall der Zähne reproduzierbar dokumentiert (= Erhebung von Blutungs- und Plaqueindex).
  • Durch die Demonstration bakterieller Plaque mittels farbiger Plaquerevelatoren (Substanzen, die die Plaque einfärben und so besser sichtbar machen) kann der Patient vorab motiviert und gezielt auf Hygienedefizite aufmerksam gemacht werden.
  • Zum Infektionsschutz erfolgt eine desinfizierende Mundspülung (z. B. 30 Sekunden mit 0,2 % Chlorhexidin), um die Keimzahl im Tröpfchen-Sprühnebel, der während der Ultraschallreinigung entsteht, zu senken.
  • Der Zahnarzt wird ggf. überschüssige Füllungsränder und andere Plaqueretentionsstellen (Stellen, an denen der mikrobielle Belag aufgrund der Morphologie besonders gut anhaften kann) vorab neu konturieren und polieren.

Die Verfahren

  • Zunächst werden die Zähne mithilfe von Ultraschallschwingungen (z. B. Vector® Scaler) und /oder klassischen Handscalern von Zahnstein befreit.
  • Alternativ besteht die Möglichkeit der Zahnsteinentfernung mit Pulverstrahlgeräten (z. B. Air-Flow®-System oder ProphyFlex®), die allerdings besonders effektiv für die Entfernung hartnäckiger dunkler Verfärbungen eingesetzt werden, die durch Nahrungs- und Genussmittel wie Kaffee, Tee, Rotwein oder Nikotin entstehen. Auch der Biofilm (Plaque, mikrobielle Beläge) wird spätestens in diesem Arbeitsgang beseitigt.
  • (Supra)gingivale Plaqueentfernung (unterhalb des Zahnfleisches): Diese erfolgt ggf. durch maschinelle Verfahren und mit Handinstrumenten.
  • Politur der Zahnoberflächen: Im Anschluss erfolgt die Oberflächenpolitur aller Zahnflächen einschließlich der Interdentalräume (Zahnzwischenräume) mit Nylonbürstchen und/oder Gummikelchen, die mit Politurpasten in absteigender Abrasivität (Rauigkeit) beschickt werden.
  • Abschließend werden die Zähne zur Kariesprophylaxe (Vorbeugung gegen Zahnfäule) mit Fluorid in Form von Spülungen, Lacken, Gelen oder Fluids behandelt.
  • Mundhygieneinstruktion: Schulungen/Übungen zur Mundhygiene und/oder Verwendung von Mundhygiene-Hilfsmitteln
  • Recall-Termine: in Abhängigkeit der individuellen Risikoklassifizierung

Die professionelle Zahnreinigung (PZR) ist mehr als nur eine Zahnreinigung; sie ist zentraler Teil einer "unterstützenden zahnerhaltenden Therapie" (UZT).

Nach der professionellen Zahnreinigung

Nach einer professionellen Zahnreinigung (PZR) sollten Sie einige Verhaltensweisen beachten, um das beste Ergebnis zu erzielen und Ihre Zähne zu schützen:

  • Wartezeit nach der Behandlung: Unmittelbar nach der PZR sollten Sie mindestens zwei Stunden warten, bevor Sie essen. Dies gibt den Zähnen Zeit, eine neue natürliche Schutzschicht nachzubilden, die nach der Reinigung und Politur abgetragen wurde.
  • Vermeidung von färbenden Lebensmitteln und Getränken: Verzichten Sie mindestens für einen Tag nach der PZR auf Kaffee, Tee, Rotwein und andere stark färbende Nahrungsmittel und Getränke. Diese können die frisch gereinigten Zähne schnell wieder verfärben.
  • Verzicht auf säure- und zuckerhaltige Produkte: Nach der PZR sind die Zähne empfindlicher gegenüber Säure und Zucker. Vermeiden Sie daher säure- und zuckerhaltige Lebensmittel, um das Risiko für Karies zu minimieren.
  • Rauchverzicht: Nach der PZR sollten Sie mindestens zwei Stunden lang nicht rauchen, um das gereizte Zahnfleisch nicht zusätzlich zu belasten.
  • Schonung des Zahnfleisches: Nach der PZR kann das Zahnfleisch empfindlich sein. Bei Blutungen oder anhaltenden Schmerzen sollten Sie Ihren Zahnarzt konsultieren.
  • Regelmäßige Dentalhygiene: Eine einmalige professionelle Zahnreinigung reicht nicht aus, um die Zähne langfristig gesund und weiß zu halten. Eine regelmäßige und gründliche Dentalhygiene ist notwendig.

Durch diese Maßnahmen können Sie die Vorteile einer professionellen Zahnreinigung maximieren und eine lang anhaltende Mundgesundheit fördern.

Mögliche Komplikationen

Bei der professionellen Zahnreinigung (PZR) gibt es bestimmte Herausforderungen und mögliche Risiken, insbesondere wenn es um die Entfernung von Zahnstein oder Konkrementen in schwer einsehbaren Bereichen wie Wurzeleinziehungen geht. Hier sind einige spezifische Punkte, die zu beachten sind:

  • Entfernung von fest anhaftendem Zahnstein oder Konkrementen
    • Dies kann in schwer einsehbaren Bereichen wie Wurzeleinziehungen besonders herausfordernd sein.
  • Fehlerhafte Verwendung von Reinigungsinstrumenten und -materialien
    • Grobkörnige Politurpasten oder Pulverstrahlgeräte können Zahnhartsubstanz abtragen.
    • Dies ist besonders riskant, wenn die Zahnoberfläche bereits vorgeschädigt ist (z. B. durch Initialkaries oder White Spots) oder noch nicht vollständig ausgereift ist.
      Hinweis: Initialkaries ist 
      Karies, die sich noch in ihrem Anfangsstadium befindet und den Schmelzbereich des Zahnes (Schmelzläsion) betrifft.
  • Beschädigung von Metalloberflächen 
    • Gusskronen und -inlays können ihren Hochglanz verlieren, wenn grobkörnige Politurpasten oder Pulverstrahlgeräte verwendet werden.
  • Beschädigung von Keramikverblendungen 
    • Der Einsatz von Ultraschallinstrumenten kann Keramikverblendungen beschädigen.
  • Abtragung von Kompositfüllungen 
    • Grobkörnige Pasten oder Pulverstrahlgeräte können Kompositfüllungen (Kunststofffüllungen) abtragen. 

Nach einer professionellen Zahnreinigung (PZR) können verschiedene Komplikationen auftreten. Hier sind einige der häufigsten, unterteilt in Früh- und mögliche Spätkomplikationen:

Frühkomplikationen

  • Überempfindliche Zähne und gereiztes Zahnfleisch
    • Häufig unmittelbar nach der PZR
    • In der Regel vorübergehend, verschwindet innerhalb weniger Tage.
  • Schmerzen
    • Besonders bei freiliegenden Zahnhälsen
    • Lokal betäubendes Gel kann angewendet werden.
  • Zahnfleischbluten
    • Tritt auf, wenn das Zahnfleisch durch die Reinigung verletzt wird oder bereits gereizt ist.
    • Häufiger bei Patienten, die Antikoagulantien (Blutverdünner) einnehmen.

Spätkomplikationen

  • Entfernung von weicher Zahnsubstanz
    • Kann bei beginnender Karies auftreten.
    • Reinigungspasten und -pulver können entmineralisierte Zahnsubstanz abtragen.
  • Bakterienämie
    • Freisetzung von Bakterien in die Blutbahn während der Reinigung
    • Risikopatienten erhalten vor der PZR ein Antibiotikum und eine spezielle Munddesinfektion. Weiteres dazu siehe unter "Endokarditisprophylaxe".
  • Kratzer an Implantaten
    • Spezielle Reinigungsinstrumente notwendig, um Kratzer zu vermeiden.
  • Emphysem durch Pulverstrahlreiniger
    • Bei versehentlicher Pressung von Luft in das Zahnfleischgewebe.
    • Kann zu Schwellungen führen, die normalerweise nach 1-5 Tagen abklingen.

Literatur

  1. Herstellerinformationen der Firma Dürr Dental AG
  2. Herstellerinformationen der Firma EMS Electro Medical Systems S.A.
  3. Herstellerinformationen der Firma KaVo Dental GmbH
  4. Kaiser B: Erfolgreiche Prophylaxe. Spitta Verlag 2003: 46
  5. Hellwege KD: Die Praxis der professionellen Zahnreinigung und Ultraschall-Scaling: Eine Arbeitsanleitung für den Zahnarzt und sein Mitarbeiterteam. Georg Thieme Verlag 2007
  6. Roulet JF, Fath S & Zimmer S. (2017). Zahnmedizinische Prophylaxe (5. Aufl.). Elsevier, München / Urban & Fischer.
  7. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
  8. Hellwege KD. (2018). Die Praxis der zahnmedizinischen Prophylaxe (7. aktualisierte und erweiterte Aufl.). Thieme Verlag.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Subgingivale Instrumentierung. (AWMF-Registernummer: 083 - 030), Oktober 2019 Kurzfassung Langfassung

     
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