Fazialisparese

Der Nervus fazialis ist der Nerv, der unter anderem die mimische Muskulatur des Gesichts versorgt.
Ebenso ist er an der Geschmacksempfindung beteiligt, an der Tränen- und Speichelsekretion und er versorgt den kleinsten Muskel des Menschen, welcher sich im Ohr befindet, den Musculus stapedius. Der Nervus fazialis zählt zu den 12. Hirnnerven (HN), genauer gesagt handelt es sich um den 7. Hirnnerven. Eine Lähmung dieses Nervs wird als Fazialisparese (Synonyme: Bell-Fazialisparese; Bell-Lähmung; Bell-Paralyse; Bell-Syndrom; Fazioplegie; Gesichtslähmung; Gesichtsnervenparalyse; Gesichtsparese; Lähmung des Hirnnerven VII; Paralyse des Nervus facialis; Parese des Nervus facialis; Periphere Fazialisparese; Prosopodiplegie; Prosopoplegie; Zentrale Fazialisparese; ICD-10: G51.0) bezeichnet.

Symptome – Beschwerden

Man unterscheidet die zentrale von der peripheren Fazialisparese.

Im Rahmen einer zentralen Fazialislähmung kann die Stirn noch gerunzelt und das Augenlid noch geschlossen werden. Die anderen Symptome sind identisch mit denen einer peripheren Lähmung des Nervs. Liegt eine zentrale Fazialisparese vor, so bleibt die motorische Versorgung der Stirn erhalten, da ein Austausch der Nervenfasern zwischen den Kerngebieten möglich ist.

Ist der Nervus fazialis peripher gelähmt, so fällt die gesamte mimische Muskulatur der betroffenen Seite aus und es treten typische Symptome auf.

Die genannten Symptome treten abhängig von der Lokalisation der Nervenschädigung auf:

  • Verminderte Tränen- und Speichelsekretion – Schädigung von Nervus petrosus major und Chorda tympani (Äste des N. fazialis)
  • Hyperakusis – krankhafte Feinhörigkeit durch Ausfall des M. stapedius
  • Störung der Geschmacksempfindungen in den vorderen 2/3 der Zunge – durch Schädigung der Chorda tympani
  • Einseitige schlaffe Lähmung der mimischen Muskulatur

Die Stirn kann nicht mehr gerunzelt werden und der Lidschluss ist nur eingeschränkt möglich. Die Mundwinkel hängen herab, die Mundspalte kann nur schwach und nicht vollständig geschlossen werden.

Pathogenese (Krankheitsentstehung) – Ätiologie (Ursachen)

Mögliche Ursachen einer zentralen Fazialisparese sind unter anderem Hirnblutungen oder Schlaganfälle (Apoplex).

In etwa drei Viertel der Fälle einer peripheren Lähmung des Nervs ist die Ursache nicht bekannt – man spricht von einer idiopathischen Fazialisparese, auch als Bell-Parese bezeichnet.

Mögliche Ursachen für die anderen Fälle einer peripheren Fazialisparese sind:

  • Herpes-Virus-Infektionen (HSV Typ I), Erreger des Lippen-Herpes
  • Zoster oticus (Herpes Zoster – Befall des Gehörgangs und oder der Ohrmuschel)
  • Borreliose – Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Borrelia burgdorferi ausgelöst wird; übertragen werden die Krankheitserreger durch Zecken
  • Guillain-Barré-Syndrom (GBS), auch Landry-Guillain-Barré-Strohl-Syndrom genannt – neurologisches Erkrankungsbild, das durch eine Polyradikulitis verursacht wird. Es handelt sich dabei um eine entzündliche Erkrankung der aus dem Rückenmark hervorgehenden Nervenwurzeln (Radikulitis) und der peripheren Nerven mit Lähmungserscheinungen
  • Diphtherie – Infektionserkrankung, die durch das Toxin des Corynebacterium diphtheriae verursacht wird
  • Neoplasien (Tumoren) – Schwannome, Meningeome, Glomustumor, maligne (bösartige) Tumoren der Parotis (Ohrspeicheldrüse) oder Schädelbasistumoren
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Schwangerschaft – um den Faktor drei erhöhtes Risiko, insbesondere im letzten Trimenon
  • Trauma – Felsenbeinfraktur

Folgeerkrankungen

Ist der Lidschluss unvollständig und die Tränensekretion vermindert, können Hornhautulzerationen auftreten.

In etwa 80 Prozent der Fälle bildet sich die Lähmung innerhalb weniger Wochen bis Monate wieder zurück, aber auch eine unvollständige Heilung der Parese ist möglich.
Hierbei kommt es zum Auftreten von sogenannten Krokodilstränen bei einseitiger Reizung der Geschmacksnerven.
Des Weiteren kann es zu Dyskinesien (gestörten Bewegungsabläufen), Synkinesien (unwillkürliche Mitbewegung von Muskeln, z. B. Lidschluss bei Mundbewegung) oder einer Fazialiskontraktur (ständige Spannung der Gesichtsmuskeln) kommen.

Gerade in Zusammenhang mit Zoster-Viren tritt häufig eine Defektheilung ein, wohingegen Fazialisparesen durch Borrelien-Infektionen eine günstige Prognose aufweisen.

Diagnostik

Die Diagnostik basiert auf der klinischen Untersuchung. Um eine Herpes-Infektion nachzuweisen, muss eine Otoskopie (Ohrenspiegelung) durchgeführt werden, da die Herpes-Bläschen auch ausschließlich im Gehörgang vorliegen können.

Weiterhin kommen zum Einsatz:

  • Elektrophysiologische Untersuchungen – z.B. kanalikuläre Magnetstimulation, elektrische mastoidale Fazialisreizung
  • Labordiagnostik – Nachweis von: Borrelien, Varizella Zoster, Herpes simplex, ggf. Lumbalpunktion

Therapie

Ist die Ursache der Fazialislähmung bekannt, so besteht die Behandlung zunächst in der Beseitigung der Ursache.

In den Fällen einer idiopathischen Parese des Nervus fazialis wird eine medikamentöse Cortisontherapie durchgeführt.
Virale Infektionen werden mit Hilfe von Virustatika behandelt, bakterielle Infektionen wie die Borreliose mittels Antibiotika-Gabe.

Bei fehlendem Lidschluss wird tagsüber künstliche Tränenflüssigkeit ins Auge getropft, über Nacht wird ein Uhrglasverband mit Augensalbe angelegt, um ein Austrocknen der Hornhaut zu verhindern.

Synkinesien, wie der unwillkürliche Lidschluss beim Sprechen, können mit Hilfe von Botulinumtoxin-Injektionen behandelt werden.

Ergänzend und unterstützend kann eine Physiotherapie der Gesichtsmuskulatur durchgeführt werden.

Literatur

  1. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie; 4. überarbeitete Auflage, ISBN 978-3-13-132414-6; Georg Thieme Verlag Stuttgart
  2. Moll, Karl-Josef, Moll, Michaela, Kurzlehrbuch Anatomie, 17.Auflage 2006
  3. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.

     
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