Digitales Röntgen

Beim digitalen Röntgen, der sogenannten Radiovisiographie (RVG), handelt es sich um ein Verfahren zur Aufzeichnung, Darstellung und Bearbeitung von Röntgenaufnahmen mittels elektronischer Datenverarbeitung.

Der Unterschied zu konventionellen Röntgenaufnahmen, bei denen die Aufzeichnung mithilfe von Filmen erfolgt, besteht in einem Sensor bzw. einer Sensorfolie, die anstelle des herkömmlichen Zahnfilms im Mund positioniert wird. Das Strahlenbild wird mit einem digitalen Bildempfangssystem sichtbar gemacht. Durch den Einsatz derartiger Systeme wird die Strahlendosis reduziert.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die diagnostischen Fragestellungen, die die Anfertigung einer digitalen Röntgenaufnahme erforderlich machen, decken sich mit den Indikationen für ein konventionelles Röntgenbild.

I. Intraorale Einzelzahnaufnahmen, bei denen der Sensor oder die Sensorfolie intraoral (in der Mundhöhle) platziert werden, werden beispielsweise benötigt

  • zur Diagnostik von Approximalkaries (Zahnzwischenraumkaries) in Form von Bissflügelaufnahmen
  • zur Diagnostik von Sekundärkaries (erneut auftretender Karies an Füllungs- und Kronenrändern)
  • zur Beurteilung des Parodonts (Zahnhalteapparates) einzelner Zähne oder des gesamten Gebisses (Zahnstatus)
  • im Verlauf von Wurzelkanalbehandlungen
  • vor der Extraktion (Entfernung) einzelner Zähne
  • zur Kontrolle nach einer Extraktion oder Wurzelspitzenresektion (chirurgische Entfernung der Wurzelspitze eines wurzelgefüllten Zahnes)

II. Orthopantomogramme (OPG, Panoramaschichtaufnahmen, PSA) liefern eine zweidimensionale Übersicht über sämtliche Zähne sowie die benachbarten Knochenstrukturen, Kieferhöhlen und Kiefergelenke. Daraus ergeben sich u. a. folgende Indikationen:

  • zur Übersicht bei Erstuntersuchung
  • Dentitionskontrolle (zur Verlaufskontrolle des Zahnwechsels so wie bei Verdacht auf nicht angelegte Zähne)
  • vor Extraktion einzelner Zähne zur Beurteilung der Nachbarstrukturen wie z. B. der Nähe zur Kieferhöhle

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Vor Erstellen jeder Röntgenaufnahme muss prinzipiell eine rechtfertigende Indikation gegeben sein. Fehlt diese, ist die Anwendung von Röntgenstrahlen kontraindiziert. Dazu gehören unter anderem Wahleingriffe während der Schwangerschaft, die eine Röntgenaufnahme erfordern.

Vor der Untersuchung 

Da es sich beim digitalen Röntgen um ein radiologisches Verfahren handelt, müssen entsprechende Vorkehrungen zum Schutz des Patienten und des Behandlerteams vor Röntgenstrahlung getroffen werden:

  • Befragung von Frauen im gebärfähigen Alter nach einer möglichen Schwangerschaft
  • Erfragen kürzlich angefertigter Röntgenaufnahmen
  • Schutz der nicht zu untersuchenden Körperteilen durch eine Bleischürze oder ein Bleischild
  • korrekte Einstelltechnik am Patienten, um Wiederholungsaufnahmen zu vermeiden
  • korrekte Einstellung aller technischer Parameter, um Wiederholungsaufnahmen zu vermeiden

Die Verfahren

Die digitale Röntgentechnik basiert wie das herkömmliche Röntgenverfahren auf der Anwendung von Röntgenstrahlen. In einer speziellen Röntgenröhre wird ein homogener Röntgenstrahl erzeugt, der über einen Tubus auf das zu untersuchende Objekt geleitet wird. Der Röntgenstrahl wird von dem im Strahlengang liegenden Gewebe modifiziert (verändert). Bei intraoralen Aufnahmen grenzt ein Rechteck-Tubus den Strahlengang aus Strahlenschutzgründen auf eine Fläche ein, deren Diagonale max. 1 cm größer ist als der Sensor bzw. die Sensorfolie, die im Mund platziert werden.

I. Systeme mit Halbleitersensoren (CCD-Sensortechnik):

Während die Strahlung beim konventionellen Röntgen einen hinter dem Gewebe positionierten hochempfindlichen Film  belichtet, gelangt die Strahlung in einem digitalen Sensor auf einen Kristall mit elektronischen Detektoren, wodurch die auftreffende Strahlung verstärkt wird. Der Kristall, Szintillator genannt, wird durch die Röntgenstrahlung in einen energetisch angeregten Zustand gebracht und gibt bei Rückkehr in den niedrigeren Ausgangszustand Lichtblitze ab. Dieser physikalische Vorgang wird als Szintillation bezeichnet. Die Lichtblitze werden von einem Detektor aus zahlreichen Fotodioden aufgefangen und über ein Verstärkersystem direkt dem Rechner zugeführt. Dieser bearbeitet die Information. Das entstehende Bild ist sofort verfügbar.

II. Sensorfolien-System (Digitale Luminiszenz-Radiographie; DLR):

Alternativ kann beim digitalen Röntgen mit einer Speicherfolie anstelle des kabelgebundenen Sensors gearbeitet werden. Diese Speicherfolie speichert die Energie der Röntgenstrahlung in Form von Ladungszuständen von Elektronen. Die Folie muss nach der Belichtung zunächst durch ein mit einem Laserscanner arbeitendes System ausgelesen werden, das die Informationen über die unterschiedlichen Graustufen aufnimmt und sie digitalisiert. Das Auslesen einer Einzelzahnaufnahme dauert ca. ein bis zwei Minuten. Im Anschluss erfolgt die Übertragung auf den Rechner, wonach das Bild verfügbar ist.

Vorteile des digitalen Röntgens:

  • Es lassen sich 3-D-Aufnahmen anfertigen, die zu einer Diagnosepräzisierung führen
  • Nachbearbeitungsmöglichkeiten: Graustufen können zur besseren Diagnostik verändert und pathologische (krankhafte) Veränderungen vermessen werden.
  • EDV-gestützte Datenspeicherung und Archivierung
  • schnelle Verfügbarkeit am Behandlungsplatz
  • Pufferzone gegen Über- und Unterbelichtungen
  • Durch die höhere Empfindlichkeit der digitalen Bildempfangssysteme kann die Strahlendosis im Vergleich zum herkömmlichen Zahnfilm um ca. 30 % gesenkt werden.

Nachteile des digitalen Röntgens sind unter anderem:

  • Unbequeme Sensoren: Die digitalen Sensoren sind oft kabelgebunden, starr und können im Mund des Patienten als unkomfortabel empfunden werden.
  • Kabelbruchrisiko: Bei Sensoren, die mit Kabeln verbunden sind, besteht das Risiko eines Kabelbruchs, was zu Ausfällen und Reparaturbedarf führen kann.
  • Anfälligkeit der Sensorfolien: Die Sensorfolien können leicht verkratzen, was sich negativ auf die Bildqualität auswirken kann.
  • EDV-bedingte Probleme: Aufgrund der digitalen Natur der Technologie können Probleme wie Datenverlust auftreten. Zudem besteht Unsicherheit hinsichtlich der langfristigen Zugriffssicherheit auf die gespeicherten Daten über einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Vorteile des digitalen Röntgens, wie reduzierte Strahlenbelastung, schnelle Verfügbarkeit der Bilder und bessere Nachbearbeitungsmöglichkeiten, oft als bedeutende Verbesserungen gegenüber der herkömmlichen Röntgentechnik angesehen werden.
Die Wahl zwischen digitalem und traditionellem Röntgen sollte daher basierend auf den spezifischen Anforderungen der jeweiligen klinischen Situation und unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile beider Methoden getroffen werden.

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde: Curriculum Kinder- und Jugendzahnheilkunde. Allgemeine und spezielle Diagnostik. DGKiZ Curriculum
  2. Pasler FA, Visser H: Taschenatlas der zahnärztlichen Radiologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
  3. Krukemeyer MG (Hrsg.), Wagner W (Hrsg.): Strahlenmedizin. Ein Leitfaden für den Praktiker. de Gruyter Verlag 2004
  4. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.

     
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